Arbeitsweise und Zielsetzung des DRL

Der Deutsche Rat für Landespflege (DRL) war eine vom damaligen Bundespräsidenten Dr. h.c. Heinrich Lübke initiierte freie und unabhängige, gemeinnützige Vereinigung mit Sitz in Bonn, die sich am 5. Juli 1962 im Bundespräsidialamt konstituierte. Bislang hat fast jeder Bundespräsident die Schirmherrschaft über den DRL übernommen.

Er verfolgt als Zweck die Zielsetzungen, die in der „Grünen Charta von der Mainau“ vom 20. April 1961 festgelegt sind.

In Erfüllung dieser Zielsetzungen gibt der Deutsche Rat für Landespflege Empfehlungen und äußert sich gutachtlich zu grundsätzlichen Problemen und zu aktuellen Projekten des Natur- und Umweltschutzes in der Bundesrepublik Deutschland. In der Regel werden die Problembereiche in internen wissenschaftlichen Kolloquien, Symposien oder Seminaren mit Sachverständigen behandelt und die Referate und Aussprachen von Arbeitsausschüssen ausgewertet. Die Ergebnisse seiner Arbeit legt der Rat in schriftlichen Berichten und gutachtlichen Stellungnahmen nieder, die den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder sowie wissenschaftlichen Einrichtungen und einschlägigen Institutionen zugestellt werden.

Natur und Landschaft sind heute Prozessen und Herausforderungen ausgesetzt, auf die die „Grüne Charta“ zeitbedingt nicht eingehen konnte. Hierzu gehören die Globalisierung in Wirtschaft und Kommunikation, der Klimawandel, die Abkehr von der Energieerzeugung aus fossilen Energieträgern und die Umstellung auf regenerative Quellen, die Erschließung neuer Ressourcen, die Suche nach umweltverträglicher Mobilität, die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die Berücksichtigung von Ökosystemleistungen, der demografische Wandel und Migration, Regionalentwicklung, Partizipation und die Vision einer Bürgergesellschaft. Diese werden bei der aktuellen Arbeit berücksichtigt.

Der DRL hat sich mit zentralen Kritikpunkten eines Beitrags von Frau Eissing „Wer verfasste die ‚Grüne Charta von der Mainau’? Einflüsse nationalsozialistischen Gedankengutes“. – Naturschutz und Landschaftsplanung 46 (8), 2014, 247-252 auseinandergesetzt. Die DRL-Stellungnahme „Die ‚Grüne Charta von der Mainau’ und der Nationalsozialismus“ finden Sie in Naturschutz und Landschaftsplanung 46 (10), 2014, 320-324.

Der Deutsche Rat für Landespflege beruft als Mitglieder Persönlichkeiten verschiedenster Fachrichtungen und Bereiche (z. B. Naturschutz und Landschaftspflege, Wirtschaft, Kultur). Nach dem Statut ist die Zahl der Ordentlichen Mitglieder auf 20 begrenzt. Die Mitglieder sind in ihrer Mitarbeit unabhängig, an Weisungen nicht gebunden und vertreten keine Interessengruppen; ihre Mitarbeit ist ehrenamtlich.

In der Geschäftsstelle des Rates in Bonn werden die laufenden Arbeiten und Projekte organisiert, koordiniert und zur Veröffentlichung vorbereitet.

Die Arbeit des Deutschen Rates für Landespflege wird mit Mitteln öffentlicher und privater Institutionen gefördert.

Grüne Charta von der Mainau

Am 20. April 1961 wurde anläßlich des fünften Mainauer Rundgespräches die Grüne Charta beschlossen:

„Hiermit lege ich die Grüne Charta von der Mainau vor. Sie soll allen Verantwortlichen in Stadt und Land eindringlich und deutlich aufzeigen, daß individuelle und letztlich auch politische Freiheit nur in einem Lebensraum mit gesunder Daseinsordnung gedeihen kann.
Die Grüne Charta wurde gestaltet nach Überlegungen eines Kreises unabhängiger und verantwortungsbewußter Männer und Frauen, die sich seit fünf Jahren auf der Mainau zu Rundgesprächen zusammenfinden. Berufene Sachkenner haben diese Charta formuliert; die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft, der Abgeordnete des Bundestages und der Länderparlamente aus allen Parteien angehören, hat wesentlich daran mitgearbeitet.
Möge die Grüne Charta von der Mainau dienen, fördern und helfen und vor allem: Taten auslösen. Dieser bedarf unsere Zeit am dringlichsten“.

Graf Lennart Bernadotte

Um des Menschen willen wird aufgerufen, tatkräftig für die Verwirklichung der Ziele dieser Charta einzutreten.

Ein freies Gremium aus Persönlichkeiten des kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Lebens und der Landschaftspflege soll dazu beitragen, denn es geht um unser aller Schicksal!

Grüne Charta von der Mainau:

I. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland legt unter anderem folgende Grundrechte fest:
Art. 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft…
Art. 2 (1) Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit…
Art. 14 (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

II. Dazu ist festzustellen:
Die Grundlagen unseres Lebens sind in Gefahr geraten, weil lebenswichtige Elemente der Natur verschmutzt, vergiftet und vernichtet werden und weil der Lärm uns unerträglich bedrängt. Die Würde des Menschen ist dort bedroht, wo seine natürliche Umwelt beeinträchtigt wird. Zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten gehört auch das Recht auf ein gesundes und menschenwürdiges Leben in Stadt und Land.

III. Voraussetzung für unser Leben ist, neben gesunder Nahrung, die gesunde Landschaft mit Boden, Luft, Wasser und ihrer Pflanzen- und Tierwelt. Diese lebenswichtigen Elemente werden übermäßig und naturwidrig beansprucht.
Immer häufiger werden lebendiger Boden vernichtet, Oberflächen- und Grundwasser verdorben, Luft verunreinigt, Pflanzen und Tierwelt gestört und offene Landschaft verunstaltet. Die gesunde Landschaft wird in alarmierendem Ausmaß verbraucht.

IV. Wir wissen:
Auch Technik und Wirtschaft sind unerläßliche Voraussetzungen unseres heutigen Lebens. Die natürlichen Grundlagen von Technik und Wirtschaft können weder willkürlich ersetzt noch beliebig vermehrt werden. Deshalb ist es notwendig, gemeinsam die Lage zu überprüfen, zu planen, zu handeln, um den Ausgleich zwischen Technik, Wirtschaft und Natur herzustellen und zu sichern.

V. Um des Menschen willen ist der Aufbau und die Sicherung einer gesunden Wohn- und Erholungslandschaft, Agrar- und Industrielandschaft unerläßlich:

Deshalb ist zu fordern:

  1. eine rechtlich durchsetzbare Raumordnung für alle Planungsebenen unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten;
  2. die Aufstellung von Landschaftsplänen, von Grünordnungsplänen in allen Gemeinden für Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsflächen;
  3. ausreichender Erholungsraum durch Bereitstellung von Gartenland, freier Zugang zu Wäldern, Bergen, Seen und Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten, stadtinnerer Freiraum in Wohnungsnähe für die tägliche Erholung, stadtnaher Erholungsraum für das Wochenende und stadtferner Erholungsraum für die Ferien;
  4. die Sicherung und der Ausbau eines nachhaltigen fruchtbaren Landbaus und einer geordneten ländlichen Siedlung;
  5. verstärkte Maßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung eines gesunden Naturhaushaltes, insbesondere durch Bodenschutz, Klima- und Wasserschutz;
  6. die Schonung und nachhaltige Nutzung des vorhandenen natürlichen oder von Menschenhand geschaffenen Grüns;
  7. die Verhinderung vermeidbarer, landschaftsschädigender Eingriffe, z.B. beim Siedlungs- und Industriebau, beim Bergbau, Wasserbau und Straßenbau;
  8. die Wiedergutmachung unvermeidbarer Eingriffe, insbesondere die Wiederbegrünung von Unland;
  9. eine Umstellung im Denken der gesamten Bevölkerung durch verstärkte Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Bedeutung der Landschaft in Stadt und Land und die ihr drohenden Gefahren;
  10. die stärkere Berücksichtigung der natur- und landschaftskundlichen Grundlagen im Erziehungs- und Bildungswesen;
  11. der Ausbau der Forschung für alle den natürlichen Lebensraum angehenden Disziplinen;
  12. ausreichende gesetzgeberische Maßnahmen zur Förderung und Sicherung eines gesunden Lebensraumes.